Warum die Liga-Zugehörigkeit des VfB keine Auswirkung auf die Stadion-Entscheidung haben darf
Nach 23 Spieltagen ist der VfB auf einem Abstiegsplatz angekommen. Ist das nun ein Zeitpunkt, um einen Stadion-Neubau in Frage zu stellen? Wir möchten die Situation einordnen und erklären, warum ein Stadion nötig ist, ganz unabhängig davon, ob der VfB künftig in der 3. oder der 4. Liga spielt.
Setzen wir dazu einmal die blau-weiße Brille ab. Dass der VfB erst zum zweiten Mal auf einem Abstiegsplatz steht, sich im Herbst sogar auf Platz 9 vorgearbeitet hatte, war zwar erhofft, erträumt aber keinesfalls zu erwarten. Zu erwarten wäre gewesen, dass der VfB sich konstant am Tabellenende befindet.
Denn in Oldenburg gibt es (wie bereits beschrieben) keine Voraussetzungen, um Profi-Fußball durchzuführen. Das gilt nicht nur in technischer und organisatorischer, sondern auch ganz besonders in finanzieller Hinsicht. Die Infrastruktur des Marschwegstadions ist für Zuschauer nicht besonders attraktiv, in Teilen sogar wenig zumutbar. Dazu fehlen fast alle Annehmlichkeiten, um besonders ertragsträchtige VIP- und Hospitality-Pakete zu verkaufen.
“Jede Mannschaft der 3. Liga, die keine Logen hat, hat ein strukturelles Defizit von zwei Millionen Euro. Das können sie nicht ausgleichen.”
Dieses Zitat ist zwei Wochen alt und stammt von Bernd Beetz, dem Präsidenten von Waldhof Mannheim. Es illustriert sehr gut, in welcher Dimension dem VfB aktuell Einnahmen entgehen.
Als Folge hat der VfB einen der kleinsten Etats der 3. Liga. Zu den fehlenden Einnahme-Möglichkeiten kommen aber noch weitere Handicaps: Ein Flutlicht muss für 35.000-40.000 € pro Heimspiel angemietet werden. Abendspiele müssen in Hannover durchgeführt werden und kosten mutmaßlich sogar 60.000 € – und das bei deutlich reduzierten Zuschauereinnahmen. (Der Schnitt am Marschweg beträgt aktuell 6.000 Zuschauer, in Hannover kamen zum Spiel gegen Halle nur 1.800). Das Beheben der Defizite des Marschwegstadions belastet den Etat des VfB folglich mit 700.000-800.000 €.
Geht man beim VfB von einem Etat von etwas über 4 Millionen Euro aus, bleiben abzüglich dieser Kosten weniger als 3,5 Millionen Euro übrig. Damit steht dem VfB sehr sicher am wenigsten Geld der Liga zur Verfügung, um eine ligataugliche Mannschaft zusammen zu stellen. Jeder Tag, den der VfB nicht abgeschlagen am Tabellenende steht, ist damit bereits eine “Über-Performance”. Dass der VfB dort nicht steht und immer noch den Klassenerhalt aus eigener Kraft schaffen kann, ist den Verantwortlichen und Spielern nicht hoch genug anzurechnen.
Würde heute schon ein neues Stadion stehen, hätte der VfB deutliche Mehreinnahmen aus VIP/Hospitality, mehr Zuschauer und bessere Vermarktungsmöglichkeiten. Die exorbitanten Kosten von Mietflutlicht und Hannover-Spielen würden wegfallen. Statt mit 3,5 Millionen Euro könnte der VfB mit 6-7 Millionen Euro planen. Damit kann man nicht nur die höhere Miete für ein neues Stadion bezahlen, sondern auch eine Mannschaft zusammenstellen, die im Mittelfeld der 3. Liga spielt.
Leider muss der VfB mit den gegebenen Bedingungen auskommen. Wir müssen uns darum klar sein: Ein Abstieg des VfB in dieser oder einer der Folgesaisons bis das Stadion steht, ist ein sehr realistisches Szenario.
ABER: Wie oben dargestellt, hat der VfB mit einem neuen Stadion nicht nur beste Möglichkeiten, um die dritte Liga zu halten. Er hat auch die besten Möglichkeiten aus der 4. Liga wieder aufzusteigen. Ein neues Stadion wird auf Jahrzehnte hinaus den Fußball in Oldenburg positiv beeinflussen. Die 3. Liga wird dauerhaft möglich, vielleicht kann sogar die 2. Liga in den Blick genommen werden. Erfolgreicher Spitzensport ist wiederum ein Motor für den Breitensport. Betrachtet man die langfristigen Potenziale, ist es wenig relevant, ob die Stadt und der VfB in Liga 3 oder Liga 4 in diese neue Ära starten.
2017 verschwand das Stadionprojekt in der Schublade, weil der Aufstieg des VfB nicht sicher war. Das beschert uns nun mehrere Millionen Euro an Kostensteigerung. Plus vier weitere Millionen Euro für die Ertüchtigung des Marschwegstadions, die nicht nötig wäre, wenn man damals das neue Stadion beschlossen hätte. Ein erneutes Unterbrechen des Projekts wird die Kosten noch weiter steigen lassen. Dabei spielt der VfB jetzt in der 3. Liga, die Menschen strömen zum Fußball, die Stadt steht finanziell gut da. Die Lebenszeit des Marschwegstadions ist begrenzt. Der VfB wird nicht ein zweites Mal “auf gut Glück” eine Ausnahmegenehmigung vom DFB bekommen. Auf was will man noch warten? Wenn wir als Stadt im Profifußball vertreten sein wollen, gibt es keinen besseren Zeitpunkt, um sich für ein Stadion zu entscheiden. Und das unabhängig von Tabellenplatz und Liga-Zugehörigkeit des VfB.