Der Wert der 3. Liga

Ist die 3. Liga interessant genug, um einen Stadionneubau zu rechtfertigen?

Der Bau eines neuen Fußballstadions ist für die Stadt Oldenburg eine hohe Investition. Wie bei jeder anderen Investition ist darum die Frage gerechtfertigt, welchen Gegenwert die Stadt für einen Neubau und die dadurch möglich werdende Teilnahme am Profifußball erhält. Bekanntlich werden die direkten Einnahmen aus Stadionmiete und Vermarktung die Bau- und Erhaltungskosten nicht vollständig decken. Darum ist es für eine qualifizierte Diskussion wichtig, zu betrachten, welche Gegenwerte darüber hinaus für die Stadt und ihre Bürger entstehen.

Die Rendite aus einem Stadionneubau und der Teilnahme am Profifußball umfasst:

  • Direkte finanzielle Einnahmen (Stadionmiete, Vermarktung,…)
  • Indirekte finanzielle Einnahmen (Steuern, Konsum, Übernachtungen,…)
  • Höherer Freizeitwert der Stadt
  • Höherer gesellschaftlicher und sozialer Wert (Fußball sorgt für Identifikation, schichten- und altersübergreifenden Zusammenhalt, schafft soziale Brücken)
  • Bekanntheit und öffentliche Aufmerksamkeit

In diesem Artikel möchte ich für Interessierte, Fans und EntscheiderInnen konkret den letzten Punkt beleuchten. Bekanntheit und Aufmerksamkeit sind wirtschaftliche und soziale Faktoren, sie können beeinflussen, wo Investitionen stattfinden, wo Menschen Urlaub machen, sich niederlassen, einen Beruf oder ein Studium aufnehmen. Städte wie z.B. Meppen, Kaiserslautern oder Mönchengladbach hätten ohne ihre Fußball-Teams sicher kaum ihre landesweite Bekanntheit erreicht.

Der Bau eines neuen Stadions soll die Voraussetzungen für einen Wiederaufstieg und vor allem einen dauerhaften Verbleib im Profifußball (mindestens 3. Liga) schaffen. Und damit stellt sich die Frage: Steigt die öffentliche Wahrnehmung von Verein und Stadt durch eine Teilnahme an der 3. Liga überhaupt genug, um (zusammen mit den anderen Faktoren) die Investition für einen Stadionbau zu rechtfertigen?

Ohne zu viel vorwegnehmen zu wollen, ist die Antwort ja. Für einen Laien mag „3. Liga“ nicht so viel doller, als „4. Liga“ klingen, die Unterschiede sind aber riesig, teils immens, vieles hat sogar eingefleischte Fans überrascht. Aber lest selbst…

(Wer nicht die Zeit für einen langen Artikel hat, findet eine Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse am Schluss des Artikels.)

Die Aufteilung der Ligen

In Deutschland gibt es 5 Regionalligen, mit jeweils 18 Vereinen. Zusammen mit den 20 Clubs aus der 3. Liga und den jeweils 18 Vereinen der 1. und 2. Bundesliga gehört man zu den 146 am höchsten spielenden Fußball-Mannschaften des Landes. Die Regionalligen gelten (mit Ausnahme der Regionalliga West) als Amateurligen, was bedeutet, dass hier ein Großteil der Spieler dem Sport nebenberuflich nachgeht.

Die Regionalliga Nord umfasst den Zuständigkeitsbereich des Norddeutschen Fußball-Verbandes und umfasst die vier Bundesländer Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Bremen und Hamburg.

Die 3. Liga ist seit der Saison 2008/09 eine reine Profi-Liga (fast alle Spieler verdienen ihr Brot allein mit dem Sport) und hat einen deutschlandweiten Zuschnitt. Als Team der 3. Liga gehört man zu den 56 am höchsten spielenden Fußball-Mannschaften der Republik.

Viele attraktive Mannschaften, wie zum Beispiel Dynamo Dresden, 1860 München oder Rot-Weiß Essen spielen in der 3. Liga, während die Gegner in der Regionalliga aus Flensburg, Lohne oder Jeddeloh II kommen.

Zuschnitt, Ausrichtung, Finanzkraft und Attraktivität der 3. Liga lassen sich damit vielmehr mit der 2. Bundesliga vergleichen, als mit den Regionalligen. Das bildet die Grundlage für ein sehr hohes Maß an öffentlicher Aufmerksamkeit, wie im Folgenden zu sehen ist.

Suchverhalten bei Google

Ein erster guter Indikator für Reichweite und Aufmerksamkeit bietet Google Trends. Hier kann man sich anzeigen lassen, wie häufig ein bestimmtes Wort oder Thema über die Jahre in die Google-Suchmaschine eingegeben wurde. Lässt man sich den Suchverlauf nach „VfB Oldenburg“ über die vergangenen 5 Jahre anzeigen, bekommt man den folgenden Verlauf:

Hinweis: Google teilt an dieser Stelle keine absoluten Zahlen, sondern setzt den höchsten Wert immer auf „100“.

Der höchste Ausschlag in diesem Verlauf stellt den Zeitraum der beiden Relegationsspiele dar. Im Anschluss an den Aufstieg in die 3. Liga sieht man dann ein Anwachsen des durchschnittlichen Suchvolumens auf knapp das siebenfache (682%) im Vergleich zu den vier Jahren zuvor in der Regionalliga.

Fernsehen und Streaming

Alle Spiele der 3. Liga werden professionell aufgezeichnet und live im Pay-TV (Telekom Magenta Sport) gezeigt, so auch die 38 Begegnungen des VfB. Darüber hinaus ist ein gewisser Anteil der Spiele auch frei in den öffentlich-rechtlichen Sendern zu empfangen. In der abgelaufenen Saison wurden hier vom VfB insgesamt 8 Liga-Spiele sowie die beiden Relegationsspiele in voller Länge übertragen, teils von zwei Sendern gleichzeitig:

  • 28.05.22 BFC Dynamo – VfB (NDR & RBB)
  • 04.06.22 VfB – BFC Dynamo (NDR & RBB)
  • 23.07.22 VfB – SV Meppen (NDR)
  • 06.08.22 1860 München – VfB (NDR & BR)
  • 03.09.22 VfB – VfL Osnabrück (NDR)
  • 28.01.23 SV Meppen – VfB (NDR)
  • 11.02.23 SV Elversberg – VfB (NDR & SR)
  • 11.03.23 VfL Osnabrück – VfB (NDR)
  • 13.05.23 Waldhof Mannheim – VfB (NDR & SWR)
  • 27.05.23 Dynamo Dresden – VfB (MDR)

Alle Spiele erreichten Einschaltquoten im sechsstelligen Bereich. Mit den 8 übertragenen Liga-Spielen lag der VfB übrigens im Mittelfeld der 3. Liga (Spitzenreiter war der VfL Osnabrück mit 16 Free-TV-Übertragungen, der SV Meppen war nur 5 Mal zu sehen).

Neben den Live-Übertragungen gibt es in der 3. Liga eine große Anzahl an weiteren Bewegtbild-Formaten. Die stärkste Reichweite haben hier sicher die Spielzusammenfassungen am Anfang der samstäglichen ARD Sportschau mit im Schnitt 3,9 Millionen ZuschauerInnen (5,5 Millionen in der Spitze). Insgesamt 13 Mal war der VfB in der Sportschau vertreten: 7 Spielberichte aus der Liga, einmal als Teil der Konferenz am letzten Spieltag, ein Spielbericht vom Relegations-Rückspiel sowie 4 Mal mit Manfred Starkes 45m-Tor gegen 1860 München als Kandidat zum Tor des Monats Februar.

Weitere Zusammenfassungen der VfB-Spiele waren zudem in den regionalen Sportsendungen der öffentlich-rechtlichen Sender, wie NDR Sportclub, Sport im Osten (MDR), BR Sport usw. zu sehen.

Seitens Magenta Sport wird von jedem Spiel eine Zusammenfassung auf YouTube bereit gestellt. Allein die 40 Zusammenfassungen der Relegations- und Ligaspiele des VfB kommen auf knapp 900.000 Aufrufe. Das Relegations-Hinspiel gegen den BFC Dynamo ist als Spitzenreiter allein über 100.000 Mal angeschaut worden.

Neben den Live-Übertragungen und Spielberichten gibt es noch eine unüberschaubare Zahl von weiteren Video-Schnipseln wie Interviews, Spieler-Vorstellungen, Analysen, sehenswerten Toren aber auch ausführlichere Formate von deutschlandweiten oder lokalen Medien, wie zum Beispiel die 6 Ausgaben des „Nordwestkurve“ VfB-Talks der NWZ oder die „Buten un Binnen“-Reportagen von Radio Bremen. Das Ganze wird ergänzt von zahlreichen halbprofessionell oder amateurhaft produzierten Formaten von Fans und Hobby-ExpertInnen. Dazu unten mehr.

All das gibt es in der Regionalliga nicht. Wenn man Glück hat, gibt es von einigen Spielen Übertragungen oder Zusammenfassungen, die von automatischen Kameras eher schlecht als recht aufgezeichnet wurden. (Besonders beliebt sind da die Szenen, in denen die Kamera Sekundenbruchteile vorm Tor zum Mittelkreis wegschwenkt, weil sie den Ball nicht mehr findet.)

Presse und Online-Medien

Nach dem Aufstieg im vergangenen Jahr, war das erste wirklich merkbare Vorzeichen der 3. Liga die Veränderung der Berichterstattung. Dies geschah in einem Umfang, dass selbst gestandene VfB-Fans, die die 2. Liga in den 90ern noch erlebt haben, aus dem Staunen nicht mehr herauskamen. Fand der VfB bislang fast nur in der NWZ ernsthaft statt, wurde auf einmal deutschlandweit berichtet. Selbst wenn es nur um eine Spielerverpflichtung ging.

Ich habe leider keine teure Monitoring-Software zur Hand, die mir die Mediennennungen des VfB komfortabel zusammenträgt. Also habe ich einen möglichst repräsentativen Schnitt durch die deutschen Medien händisch mit der erweiterten Google-Suche durchforstet. Mit dieser lässt sich für konkrete Webseiten ermitteln, wie viele Seiten dort in einem bestimmten Zeitraum mit dem Suchwort „VfB Oldenburg“ entstanden sind. In den ermittelten Zahlen sieht man durch die Bank teils deutliche, teils massive Zunahmen:

Während die Zahlen bis zum niedrigen dreistelligen Bereich recht gute direkte Messwerte für den Umfang der Berichterstattung darstellen, sind in der Tabelle auch sehr hohe Treffermengen zu sehen. Das erklärt sich dadurch, dass die Google-Suche nicht nur Artikel, sondern auch andere Seiten, wie z.B. Spieltags-Ergebnissen, Tabellen, Spiel-Schemata, Liveticker, Spieler- und Transferdaten listet. Das sorgt besonders bei Seiten wie dem Kicker oder liga3-online.de für eine sehr hohe Anzahl an Resultaten. Die noch deutlich höheren Zahlen der NWZ resultieren vermutlich daraus, dass Google auch Seiten listet, auf denen der VfB nur verlinkt wurde, z.B. in Artikel-Empfehlungen. Aufgrund dieser Effekte sollten Vergleiche zwischen Medien (z.B. Weser Kurier vs. BILD) nur mit Vorsicht gezogen werden. Für diese Betrachtung ist vor allem der Vergleich innerhalb derselben Medien relevant (z.B. Weser Kurier 21/22 vs. Weser Kurier 22/23). Und der zeigt ein deutliches Wachstum, teils um eine oder zwei Größenordnungen. (Eine genauere Erklärung meines Vorgehens und der Zahlen findet sich ganz am Ende des Artikels.)

Neben der deutlichen Zunahme der Berichterstattung in den bundesweiten Medien möchte ich die folgende Gruppe der regionalen und lokalen Medien außerhalb des Oldenburger Dunstkreises hervorheben:

Die Zahlen pro Medium sind nicht riesig. Aber diese Fünf stehen stellvertretend für dutzende (hunderte?) lokaler und regionaler Medien, in denen der VfB in den letzten 25 Jahren nicht oder nur selten vorkam, die aber in der vergangenen Saison teils mehrfach berichtet haben. Summiert stehen gerade diese kleinen Medien für einen immensen Zuwachs an Reichweite.

An Spieltagen besonders häufig aufgerufene Webseiten sind zudem die Liveticker. Hier profitiert die 3. Liga von ausführlich geschriebenen Tickern auf den Seiten von Kicker und Sportschau sowie (je nach Beteiligung der Mannschaften) auch auf den Seiten der öffentlich-rechtlichen Sender oder von privaten Medien.

Neben der kontinuierlichen Berichterstattung über die Saison hinweg, möchte ich zuletzt die beiden auflagenstarken Saison-Vorschau-Sonderhefte von Kicker und 11Freunde erwähnen. Hier werden zum Saisonstart alle Mannschaften der ersten drei Ligen vorgestellt. Und so war der VfB nach 25 Jahren zum ersten Mal wieder dabei.

Die 11Freunde widmete dem VfB in der Ausgabe sogar eine sechsseitige Reportage über das alte Donnerschweer Stadion und die neuen Stadionpläne.

Teil der Kicker-Sonderausgabe ist die Stecktabelle für die ersten drei Ligen, seit 1981 ein echter Kultfaktor. Ich weiß nicht, in wie viel Hobby- und Jugendzimmern heutzutage tatsächlich noch die Stecktabelle hängt. Aber dort, wo sie letzte Saison hing, sorgte der VfB mit seinem ungewöhnlichen Signet sicher für Aufmerksamkeit.

Radio und Podcasts

Im Vergleich zum geschriebenen Wort und Bewegtbildern ist die Abdeckung der 3. Liga im Radio verhältnismäßig spärlich. Aber fand der VfB in der Regionalliga im Radio noch gar nicht statt, wurden an Spieltagen Zwischen- und Endstände auf mehreren Sendern wie z.B. Radio 21, Radio Bremen, Energy Bremen oder NDR Radio Niedersachsen genannt. Bei letzterem Sender gab es dabei zum Teil auch etwas ausführlichere Berichte von den VfB-Spielen. Erwähnenswert bleibt noch die Sendung „Buten un Binnen“ von Radio Bremen, in der über die Saison hinweg mehrere kleinere Reportagen zum VfB ausgestrahlt wurden.

Neben dem Radio haben sich heutzutage Podcasts als beliebtes Audio-Format etabliert und so gibt es auch in der 3. Liga einige professionell produzierte Podcasts, wie den VfB-Podcast der NWZ, die „Ballartisten“ mit VfB-Pressesprecher Fabian Speckmann und Magenta-Kommentator Mike Münkel, der Podcast von Arndt Zeigler (Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs) und Philipp Köster (Chef-Redakteur 11Freunde) um nur einige zu nennen.

Aus letzterem Podcast gibt es übrigens dieses schöne Zitat zum alten Donnerschweer Stadion:

Amateurmedien

Neben den professionellen Medien gibt es in der 3. Liga auch noch eine schier unermessliche Zahl an Inhalten, die von Fans und Hobby-Experten produziert werden. Das reicht von verwackelten Jubel-Videos auf YouTube über Spielberichte, Fotoserien, Podcasts, Videos, Fan-Radios, umfangreichen Blogs bis hin zu detailliert und professionell aufbereiteten Formaten wie die Spieltags-Vorschauen der Fans von 1860 München Fans oder vom MSV Duisburg (leider nicht mehr in voller Auflösung zu finden):

Reichweitenstarke Formate sind dabei auch Video-Blogs (VLOGS) bei denen sich Menschen beim Stadionbesuch filmen und Spiel und Umfeld kommentieren. In diesem Video vom Spiel gegen Dresden zeigt Stadion-Vlogger „WSVfan1“ nicht nur unser Spiel, sondern stellt auch die Stadt vor und erreicht damit über 17.500 Aufrufe.

Eine vollständige Würdigung der Amateurmedien würde den Rahmen dieses bereits sehr langen Artikels vollends sprengen. Ich schließe diesen Teil darum mit der Feststellung, dass diese ein signifikanter Faktor in der Reichweite sind und ihr Umfang in der 3. Liga ebenfalls um Größenordnungen höher ist als in der Regionalliga.

Computer- und Konsolenspiele

Mitte der 90er konnte man den VfB Oldenburg zuletzt im Klassiker „Bundesliga Manager“ am heimischen PC spielen, dann verschwand Oldenburg auch hier von der Bildfläche. Bis der VfB mit dem Aufstieg in die 3. Liga Teil der spielbaren Mannschaften in „FIFA 23“ wurde. Die FIFA-Serie gehört weltweit zu den meistverkauftesten Spieleserien für PC und Konsolen. FIFA 23 wurde allein in der ersten Woche nach Release über 10 Millionen Mal verkauft.

Auf YouTube gibt es diverse Videos, in denen man sich den VfB Oldenburg im Spiel anschauen kann.

Mittlerweile setzt sich die Erfolgsgeschichte der FIFA-Serie unter dem neuen Titel „EA Sports FC“ fort und auch hier ist die 3. Liga wieder vertreten.

Live im Stadion

Die 19 Heimspiele des VfB Oldenburg wurden von insgesamt 97.121 ZuschauerInnen besucht. Das ergibt einen Schnitt von 5.112 ZuschauerInnen pro Spiel, was Platz 13 von 20 in der Zuschauertabelle der 3. Liga bedeutet. Die meisten BesucherInnen zog mit 9.920 ZuschauerInnen unser Liga-Auftakt gegen den SV Meppen an.

Da das Marschwegstadion allerdings nicht vollumfänglich Liga-tauglich ist (hier mehr dazu), mussten zwei Heimspiele in der ’96-Arena in Hannover (174km entfernt vom Marschwegstadion) und ein Heimspiel im Jadestadion in Wilhelmshaven (60km) ausgetragen werden. Wertet man diese Spiele als Auswärtsspiele, kommt man für die 16 am Marschweg ausgetragenen, „echten“ Heimspiele auf einen Schnitt von 5.570 ZuschauerInnen pro Spiel, was Platz 11 in der Zuschauertabelle bedeuten würde.

In der Vorsaison erreichte der VfB einen Zuschauerschnitt von 1.913. Mit dem Aufstieg konnte dieser Schnitt am Marschweg knapp verdreifacht werden (291%). Der Zuschauerschnitt war aufgrund der sich abzeichnenden Meisterschaft im zweiten Teil der Vorsaison („Meisterrunde“) aber überdurchschnittlich hoch. Zieht man einen Vergleich zur letzten normalen Saison vor Corona (2018/19) mit durchschnittlich 1.324 BesucherInnen, hat sich der Zuschauerschnitt sogar mehr als vervierfacht (421%).

Nach den Schätzungen der Auswärtsfahrer auf Liga 3 Online besuchten über 10.000 Fans der gegnerischen Mannschaften die Spiele des VfB und unsere Stadt. Die Fans aus Meppen, Osnabrück, Essen und Dresden reisten dabei sogar in vierstelliger Zahl an.

Die 19 Auswärtsspiele des VfB besuchten insgesamt 157.986 ZuschauerInnen, ein Schnitt von 8.315 und damit knapp oberhalb des Zuschauerschnitts aller Spiele der Liga von 8.223 und ein massiver Anstieg (901%!) zum Schnitt der VfB-Auswärtsspiele in der Vorsaison von 923. Da in der 3. Liga zudem mehr Auswärtsspiele stattfanden, sind die absoluten Zuschauerzahlen sogar um das zwölffache gestiegen (1.223%!!). Fünf Mal hat der VfB dabei vor fünfstelligen Zuschauerzahlen gespielt: Dresden (30.322, ausverkauft), Essen (17.657), Osnabrück (15.741, ausverkauft), München (15.000, ausverkauft) und Duisburg (13.407).

Liga 3 Online schätzt, dass zu den Auswärtsspielen insgesamt über 8.300 OldenburgerInnen durchs Land gereist sind. Das entspricht Platz 12 in der Auswärtsfahrer-Tabelle. Rechnet man die 6.800 Oldenburger Fans aus den „Heim“-Spielen in Hannover und Wilhelmshaven hinzu, waren sogar 15.100 Menschen für den VfB in Deutschland unterwegs (Platz 7). Beachtenswert sind hier sicher die 1.600 AuswärtsfahrerInnen in Osnabrück, 1.250 in Meppen, 1.200 im Bundesliga-Stadion von Borussia Dortmund, die 400 Fans, die es bis nach München geschafft haben und natürlich ganz besonders, die über 4.000 OldenburgerInnen, die zum letzten „Heim“-Spiel nach Wilhelmshaven gefahren sind.

Ich habe an dieser Stelle leider keine Zahlen, aber eines soll nicht unerwähnt bleiben: Im Umfeld des Marschwegstadions und auch der Auswärtsspiele war über die Saison hinweg eine merkbare Zunahme von KFZ-Kennzeichen aus dem Oldenburger Umland (WHV, CLP, BRA, WST usw.) zu beobachten. Ein Stadionbesuch in der 3. Liga ist also auch für Menschen außerhalb Oldenburgs deutlich interessanter als in der Regionalliga.

All diese Werte beantworten übrigens auch klar die Frage, ob eine Stadt wie Oldenburg überhaupt in die 3. Liga gehört: Ja, absolut!

Außerhalb des Stadions

Fußballfans sind keine besoffenen und marodierenden Horden. Ja, es gibt Fanszenen mit einem nicht unerheblichen Teil schwarzer Schafe. Aber der überwiegende Teil der Fans sind ganz normale Menschen, die einfach nur aufgrund ihrer Leidenschaft, ihrem Hobby zu den Spielen ihres Vereins reisen. (Das sieht man auch daran, dass es außer einer schnell unterbundenen, kleinen Rangelei beim Duisburg-Spiel in der vergangenen Saison weder zu den Heim- noch zu den Auswärtsspielen des VfB merkbare Probleme gab.)

Die deutlich längeren Reisezeiten in der 3. Liga werden dabei häufig mit längeren Aufenthalten, teils auch mit Übernachtungen und touristischen Aktivitäten verbunden. Dabei entstehen zahlreiche persönliche Kontakte zu Fans der gegnerischen Mannschaft. Schließlich verbindet hier die gemeinsame Leidenschaft für den Sport die Menschen über Regionen, Schichten und Altersgruppen hinweg. Die Oldenburger Fans treten dabei als Botschafter unsere Stadt auf und wurden in vielen Berichten als sympathisch und Bereicherung für die Liga wertgeschätzt. Gelegentlich bilden sich sogar längerfristige Kontakte. Eine der schönsten Geschichten dieser Saison ist sicher die gemeinsame Kohlfahrt einiger VfB- und München-Fans beim Rückspiel in Oldenburg.

Vergleich mit anderen Sportarten

Persönliche Anmerkung des Autors: Ich möchte an dieser Stelle nicht in eine Diskussion absteigen, ob nun die Baskets oder der VfB toller sind. Die Baskets haben sich ihren Erfolg mit guter Arbeit in den letzten 25 Jahren absolut verdient. Sie sind ein großartiger Botschafter für die Stadt Oldenburg und darum wünsche ich ihnen auch weiterhin viele Erfolge und gutes Wachstum. Nichtsdestotrotz wird in der Öffentlichkeit oft die Frage in den Raum gestellt, ob denn neben zwei Erstligisten in der Stadt ein Drittligist im Fußball noch einen Mehrwert bringen kann. Darum möchte ich das an dieser Stelle einordnen.

Wenn man nach der Lieblingssportart der Deutschen sucht, dann findet man je nach Erhebung sehr unterschiedliche Rangfolgen. Was sie aber alle gemeinsam haben, ist, dass der Fußball mit großem Abstand auf Platz 1 steht.

Infografik: Welche Sportarten faszinieren die Deutschen? | Statista

Der Abstand des Fußballs zu anderen Sportarten ist sogar so hoch, dass in der öffentlichen Wahrnehmung selbst die 3. Liga noch mehr Aufmerksamkeit erhält, als die Spitzenligen in anderen Sportarten.

Dies kann man einerseits sehr deutlich in Google Trends nachverfolgen:

Häufigkeit von Google-Suchen „VfB Oldenburg“ (blau) und „EWE Baskets“ (rot) in den letzten 5 Jahren
Häufigkeit von Google-Suchen „VfB Oldenburg“ (blau) und „ALBA Berlin“ (rot) in den letzten 5 Jahren
Häufigkeit von Google-Suchen „VfB Oldenburg“ (blau) und „THW Kiel“ (rot) in den letzten 5 Jahren

Und auch in der medialen Repräsentation springt der VfB in der 3. Liga an den EWE-Baskets vorbei:

In Hinblick auf die ZuschauerInnen in Stadion und Arena ist der VfB Oldenburg mit einem Schnitt von 5.570 den EWE Baskets mit ihren 5.913 schon sehr auf die Pelle gerückt. Und das trotz der wenig zeitgemäßen und teils unzumutbaren Zustände im Marschwegstadion und einer unfassbar schlechten Heimbilanz mit nur zwei Siegen am Marschweg.

Besonders bemerkenswert ist, dass die Verdreifachung bis Vervierfachung der VfB ZuschauerInnen sich nicht negativ auf die Zuschauerzahlen der anderen Spitzenclubs der Stadt ausgewirkt hat. Die Baskets freuen sich über eine Auslastung der großen EWE-Arena von über 98% und würden am liebsten das Fassungsvermögen noch erweitern und auch die Handballerinnen des VfL nehmen in der Bundesliga einen Spitzenplatz bei den ZuschauerInnen ein. Daraus möchte ich schließen, dass in Oldenburg sehr wohl Platz für drei Spitzenmannschaften ist und sich durch einen Wiederaufstieg des VfBs zusätzliche Potenziale für die Stadt heben lassen.

Zusammenfassung

Da dieser Artikel sehr lang geworden ist, habe ich die wichtigsten Erkenntnisse hier noch einmal kompakt zusammengetragen. Folgende Dinge haben sich für den VfB Oldenburg in der Saison in der 3. Liga im Vergleich zur Vorsaison in der Regionalliga verändert:

  • Entwicklung der Google-Suchen nach „VfB Oldenburg“ fast versiebenfacht (682%)
  • Alle Spiele live übertragen im Pay TV (Magenta Sport)
  • 8 Liga-Spiele + 2 Relegations-Spiele live in den öffentlich-rechtlichen Sendern mit Einschaltquoten jeweils im sechsstelligen Bereich
  • Zusammenfassungen ausgewählter Spiele in der ARD Sportschau (im Schnitt 3,9 Millionen ZuschauerInnen) und in den regionalen Sendern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
  • Zusammenfassungen aller Spiele auf YouTube (über 900.000 Klicks für die 40 Spiele des VfB)
  • Zahlreiche weitere TV-Berichte und Video-Formate
  • Massive Zunahme der Berichterstattung über den VfB Oldenburg in Fachpresse, den deutschlandweiten Medien sowie den regionalen und lokalen Medien, teils um ein bis zwei Größenordnungen (x10, x100)
  • Vorstellung des VfBs in den auflagenstarken Saison-Vorschau-Sonderheften von Kicker und 11Freunde
  • Zwischen- und Endergebnisse im Radio, weitere Reportagen und Podcasts
  • Erwähnung in unzähligen Amateurmedien
  • Spielbare Mannschaft in FIFA 23, einem der weltweit am meisten verkaufen Sport-Spiele
  • 97.121 ZuschauerInnen besuchen die Heimspiele des VfB, 157.986 die Auswärtsspiele
  • Verdreifachung (291%) des Zuschauerschnitts im Marschwegstadion im Vergleich zur Vorsaison Vervierfachung (421%) im Vergleich zur letzten „normalen“ Saison vor Corona (2018/19)
  • Verneunfachung (901%) des Zuschauerschnitts der Auswärtsspiele im Vergleich zur Vorsaison, Verzwölffachung (1.223%) im Hinblick auf die absoluten Zuschauerzahlen
  • 10.000 Auswärtsfans besuchen Oldenburg, 8.300 Oldenburg-Fans reisen durch die Republik (bzw. 15.100 wenn man die „Heim“-Spiele in Hannover und Wilhelmshaven als Auswärtsspiele wertet)
  • Mehr ZuschauerInnen aus dem Umland

Bei allen Zahlen sollte man bedenken, dass hier eine sehr erfolgreiche Regionalliga-Saison (Meisterschaft) mit einer sehr unerfolgreichen Saison in der 3. Liga (Abstieg) verglichen wurde. Die Unterschiede zwischen zwei Saisons mit jeweils durchschnittlichen Erfolg wären vermutlich in allen Dimensionen noch ein Stück größer.

Fazit

Alle vorangegangenen Punkte zeigen, dass die 3. Liga ein immenser Schritt zur Regionalliga ist. Vermutlich ist es im ganzen deutschen Fußball der verhältnismäßig größte Schritt, den man gehen kann. Bezüglich der öffentlichen Aufmerksamkeit wird die 3. Liga in den Mannschaftssportarten nur von den beiden Fußball-Bundesligen übertroffen. Mit ziemlicher Sicherheit lässt sie sich sogar oberhalb der 2. Bundesliga der 90er-Jahre einordnen (in der letzten Zweitliga-Saison des VfB 96/97 kamen 2.7 Millionen ZuschauerInnen in die Stadien, die 3. Liga hatte 22/23 insgesamt 3.1 Millionen ZuschauerInnen, in den 90ern gab es nur vereinzelt Live-Übertragungen, das Internet war noch was für „Nerds“ usw.).

Von diesem riesigen Schritt in der öffentlichen Wahrnehmung profitiert nicht nur der VfB sondern auch die Stadt Oldenburg. Neben den direkten und indirekten Einnahmen aus einem neuen Stadion, dem zusätzlichen Freizeitwert und gesellschaftlichen Wert für die Oldenburger BürgerInnen, ist diese öffentliche Aufmerksamkeit ein großer Gegenwert, den man für höherklassigen Fußball bekommt. Eine kürzlich veröffentlichte Studie zum SC Preußen Münster beziffert den Image-Effekt für die Stadt mit 7,57 Millionen € pro Jahr – wohlgemerkt für einen damals noch Viertligisten. Natürlich sind solche eher langfristigen und indirekten Effekte mit Vorsicht zu beziffern. Aber würde man sich den oben dokumentierten Zugewinn an Aufmerksamkeit mit Werbung erkaufen wollen, wäre sicher ein zweistelliger Millionenbetrag nötig. Pro Jahr.

Es sollte darum das Ziel der Stadt sein, die Infrastruktur mit einem Stadionneubau derart zu verbessern, dass nicht nur die Rückkehr, sondern auch der dauerhafte Verbleib in der 3. Liga realistisch ist. Und vielleicht auch irgendwann der nächste Schritt nach vorn.

Abschließen möchte ich den Artikel noch mit einer schönen Anekdote von einem VfB-Fan, der im vergangenen Winter in Österreich Skilaufen war.

Eines morgens saß ich mit meiner Gruppe und zwei fremden Personen in einer Gondel zur nächsten Skipiste. Unter ihnen ein zehnjähriger Junge mit seinem Vater. Wir kommen ins Gespräch und es stellt sich heraus, dass die beiden aus Berlin kommen. Interessiert fragen wir den Jungen, für welchen Verein er denn am vorigen Wochenende gewesen sei (Hertha spielte gegen Union). Er antwortet, das er für Hertha gewesen sei, weil sein Opa auch Hertha Fan sei. Nun fragt er unsere Gruppe, woher wir denn kämen und für welchen Verein wir denn wohl seien. Die Antwort, dass wir aus Oldenburg kämen und die meisten von uns Werder Fans seien, irritiert ihn. Original Zitat: „Aber warum das denn? Ihr kommt doch aus Oldenburg und habt den VfB. Der spielt doch jetzt 3. Liga!“.

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Anhang 1: Aussagekraft für andere Vereine

Ein Hinweis für LeserInnen, die aus diesem Artikel Ableitungen für andere Mannschaften ziehen wollen: Meine Vergleiche beziehen sich immer auf die Regionalliga Nord. Besonders in den Regionalligen Nord-Ost und West mit ihren hohen Dichten an Traditionsmannschaften und der teils exzellenten Berichterstattung, dürfte die Lücke zur 3. Liga ein ganzes Stück kleiner sein.

Anhang 2: Ermittlung der Repräsentation in Presse und Online-Medien

In der Stadiondebatte wird an vielen Stellen zu sehr mit Mutmaßungen und Geraune gearbeitet. Mir ist darum an dieser Stelle Transparenz wichtig, vor allem, da die Methode zur Erhebung der medialen Reichweite nicht selbsterklärend ist.

Für die Darstellung der Veränderungen in Presse und Online-Medien wurde die Google-Suche benutzt. Die Suchergebnisse wurden auf jeweils eine spezielle Seite und den Zeitraum einer Saison begrenzt und die Anzahl der Suchtreffer notiert. Die folgenden drei Suchphrasen wurden benutzt und für jedes Medium angepasst:

Die mediale Aufmerksamkeit der beiden Relegationsspiele war eher repräsentativ für die Spielzeit in der 3. Liga. Darum habe ich diese Spiele der Saison 22/23 zugeschlagen. Dadurch ist der zweite Zeitraum zwei Wochen länger als der erste. Wenn man es ganz wissenschaftlich korrekt machen wollte, müsste man den Zeitraum der Relegation ganz ausblenden und beide Zeiträume gleich lang machen. Die Deutlichkeit der Ergebnisse würde das aber kaum ändern.

Da die EWE Baskets in der Presse in verschiedenen Schreibweisen erwähnt werden, gelegentlich auch ohne Sponsor EWE, habe ich hier die Anführungszeichen weggelassen, was gegebenenfalls ein leicht großzügigeres Suchergebnis zur Folge hat. (Als fiktives Beispiel würde zum Beispiel ein Artikel mit dem Satz „Die Telekom Baskets Bonn fahren in ein Trainingslager nach Oldenburg“ mit in das Ergebnis zählen.) Ich gehe aber davon aus, dass die Abweichung vernachlässigbar ist.

Durch die Begrenzung auf eine Domäne, werden nur Suchergebnisse angezeigt, die auf der angegebenen Webseite liegen. Die Begrenzung des Zeitraums zeigt nur Seiten an, die in diesem Zeitraum entstanden sind. In der Saison 21/22 entstandene statische Seiten sind also in den Zahlen der Saison 22/23 nicht dabei, auch wenn es sie noch gibt.

Wichtig ist zu bedenken, dass die Google Suche jedwede Art von Seite auf der gewählten Adresse zählt, die das Suchwort enthält. Das heißt, die in der Tabelle dargestellten Zahlen stehen nicht 1:1 für die publizierten Artikel, sondern können wie z.B. beim Kicker auch Info-Seiten mit Spieltags-Ergebnissen, Tabellen, Spiel-Schemata, Liveticker, Spieler- und Transferdaten usw. beinhalten. Sollte das Suchwort im Seitenrahmen (z.B. bei Artikel-Empfehlungen oder in der Navigation) vorkommen, wird auch dies mitgezählt, was vermutlich die immens hohe Trefferanzahl der NWZ erklärt. Aufgrund dieser Tatsache und da die Wiederholung der Suche gelegentlich leicht andere Zahlen liefert, sollten Vergleiche zwischen Medien (z.B. MoPo vs. Weser Kurier) nur äußerst vorsichtig vorgenommen werden. Für die Kernaussage dieses Artikels ist es auch viel wichtiger, wie sich die einzelnen Medien im Vergleich der beiden Saisons entwickelt haben (z.B. NWZ 21/22 vs. NWZ 22/23) .